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Verdünnt, verschüttelt, wirksam – zuviel für den Verstand?

Verdünnt, verschüttelt, wirksam – zuviel für den Verstand?

„Vom Verstand her glaube ich übrigens nicht an die Wirkung der Homöopathie …“, ließ mich ein Patient dieser Tage bei der Erstanamnese abschließend wissen. Nicht, dass er ein glühender Anhänger der Antibiotika-/Cortison-Fraktion in der Medizin wäre – dafür wurde er schon zu lange und unterm Strich chronisch erfolglos mit diesen schulmedizinischen „Allheilmitteln“ malträtiert. Ohne jemals eine Diagnose für seine bis heute bestehenden Beschwerden bekommen zu haben übrigens.

Worum also ging es dem Patienten mit seinem Hinweis? Nun, er ist ein großer Freund pflanzlicher Tinkturen, die er auch selbst herstellt. Der Glaube an die ausschließliche Wirksamkeit der Materie ist also das Thema. (Beiläufig sei auch hier wieder einmal darauf hingewiesen, in welchem Ausmaß unser angeblicher Verstand offenkundig und erklärtermaßen aus Glaubenssätzen besteht!)

Verdünnungen – ein wesentlicher Teil des Potenzierungsverfahrens zu Herstellung homöopathischer Arzneien – schwächen diesem verbreiteten Glauben nach jegliche Wirkung. Unbestritten sein dürfte: Verdünnungen sind in der Regel verträglicher als hohe Konzentrationen. Das gilt nicht nur für 96prozentigen Alkohol 😯 – auch die Pharmazie setzt ihre Wirkstoffe inzwischen bevorzugt in Anteilen von Milli- bis Mikrogramm (ein Millionstel Gramm!) ein, um die zahlende Kundschaft nicht gleich mit der ersten Einnahme zu liquidieren.

Verdünnung ist also cool, wenn die Leute nicht sofort und unmittelbar erkennbar Schaden nehmen sollen. Der Arzt und Chemiker Dr. Samuel Hahnemann wusste das aus eigener Beobachtung schon Ende des 18. Jahrhunderts sehr genau und zog im Gegensatz zu den brachial und nicht selten mit tödlichen Folgen behandelnden Schulmedizinern seiner Zeit die logische Konsequenz, mit immer höheren Graden von Verdünnungen zu arbeiten.

Die stoffliche Wirkung einer Substanz wird dadurch aber nicht nur verträglicher, sondern auch schwächer und wird irgendwann gegen Null tendieren. Weil das natürlich auch nicht in Hahnemanns Sinn war, experimentierte er weiter. Er stellte fest: Das systematische Verreiben oder Verschütteln einer Substanz und ihrer immer höheren Verdünnungen entwickelt die arzneiliche Wirkung des jeweiligen Präparats. Entwickelt meint: Die Wirkung wird stärker, aber auch anders. Die schließlich entstandene homöopathische Arznei hat ein wesentlich anderes und viel größeres Wirkspektrum als der ursprüngliche pflanzliche, mineralische oder tierische Stoff.

Sie zweifeln auch an diesem (im übrigen einfach zu beobachtenden, erfahrbaren) Effekt? Bleiben wir der Einfachheit halber – damit unser Verstand es verstehen kann … – im Bereich der Materie: Dass ein Stoff verdünnt verträglicher ist als in hohen Konzentrationen, ist wohl Konsens.
Nun verreiben und/oder verschütteln Sie ihn mal!

Es passiert zum Beispiel folgendes: Ohnehin duftende und schmackhafte Kräuter und Gewürze entfalten durch intensives Verreiben eine zusätzliche, ungeheure, ungeahnte Komplexität und Intensität! Ebenso der erlesene Wein und der edle Cognac, den der Connaisseur vor dem Verkosten fast inbrünstig schwenkt, um ihm die zunächst verborgenen, kostbaren Qualitäten und Potentiale zu entlocken. Wahre Geruchs- und Geschmacksexplosionen lassen sich auf diese Weise hervorzaubern, die ohne solche Prozeduren unerkannt blieben und damit scheinbar zu Recht bestritten werden könnten. Nur wer sich darauf einlässt, kann es erfahren.

Daher hat Samuel Hahnemann beide Effekte – stufenweises Verdünnen und Verreiben oder Verschütteln – miteinander kombiniert und auf diese Weise bestens verträgliche und zugleich intensiv wirksame Arzneien entwickelt. Seine Herstellungsvorschriften gelten noch heute.

Also: Viele vertraute Phänomene Ihres Alltags basieren auf Prinzipien und Wirkmechanismen, wie man sie für die homöopathische Arzneiherstellung nutzt. Auch wenn der Verstand das Offenkundige manchmal einfach ignoriert oder gar leugnet und es zur Glaubensfrage herabwürdigt 👿 – wohl, um sein eigenes Glaubenssystem zu retten.


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