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Homöopathie und Politik: keine Wahl, nur Qual

Homöopathie und Politik: keine Wahl, nur Qual

Politische Machthaber jeglicher Couleur haben sich in Deutschland seit jeher der Homöopathie in den Weg gestellt. Anfangs im Dienste der Apotheker. Diese fürchteten um ihre Pfründe, weil die erste Generation der Homöopathen um den Arzt und Chemiker Dr. Samuel Hahnemann zwangsläufig die neuartigen (potenzierten) Arzneien selbst herstellen musste und ihren Patienten direkt verabreichte.
Später und bis heute auch im Dienste der aus der Apothekerschaft hervorgegangenen pharmazeutischen Industrie, die mit wenigen (noch dazu heilsamen = geschäftsschädigenden!) und sehr preiswerten Globuli und Tropfen je Patient und Krankheit es niemals zur Welt(markt)herrschaft hätte bringen können.
Der Jahresumsatz der zehn weltgrößten Pharmaunternehmen belief sich laut Wikipedia 1980 auf knapp 12 Milliarden US-Dollar, 2014 waren es fast 337 Milliarden US-Dollar (Steigerung um 2708 Prozent); allein Weltmarktführer Novartis setzte 2014 gut 46 Milliarden US-Dollar um, 283 Prozent mehr als 1980 die zehn Weltgrößten zusammen.

Aktuell* ist es so, dass in keiner der mehr oder minder „großen“ bürgerlichen Parteien (einschließlich der Grünen) auch nur annähernd eine Mehrheit der Kandidaten bei Bundestagswahlen zum Beispiel die Kostenübernahme für homöopathische Heilmittel als Regelleistung in der gesetzlichen Krankenversicherung befürwortet.

Mit Abstand der stärkste Gegenwind kommt aus den Reihen der CDU/CSU, nur wenig milder stürmt es aus der SPD der Homöopathie entgegen, betont „unentschieden“ äußern sich mehr als 40 Prozent der Kandidaten von Grünen und FDP – da legt man sich halt nicht so gerne fest.
Einen klaren „Pro“-Standpunkt nahmen einzig die Kandidaten der ÖDP (76,3 Prozent „Ja“ oder „Eher ja“), der Linken (72,0 Prozent) und der Freien Wähler (63,7 Prozent) ein.
Die anscheinend nur scheinbar aufgeklärten „Piraten“-Kandidaten stimmten auch mit großer Mehrheit gegen die Homöopathie (57,7 Prozent „Nein/Eher nein“, 13,5 Prozent „Unentschieden“).
Zur AfD fällt mir nichts ein.**

In einer offiziellen Stellungnahme vor der Bundestagswahl 2017 drehte sich bei der Linken allerdings der Wind: Mit polemischen Aussagen wie „Wir sehen es grundsätzlich kritisch, wenn mit Solidargeldern umstrittene Behandlungen finanziert werden“ und „Wir nehmen zwar den Wunsch nach Erstattung von homöopathischen Behandlungen in Teilen der Bevölkerung zur Kenntnis. Wir sehen aber auch die Gefahr, dass die Krankenkassen dadurch lukrative Versicherte anlocken möchten“ lehnt die Fraktion (also nicht die Kandidaten, wie oben, sondern die gewählten Mandatsinhaber) der Linken die Homöopathie als Satzungsleistung der gesetzlichen Krankenkassen in Bausch und Bogen ab.
Die ÖDP und die Freien Wähler haben keine Abgeordneten im Bundestag, die nach der Wahl anders reden könnten (oder müssten?!) als zuvor.

Sollten Sie hoffen, bei Gruppierungen wie den erklärten Menschenfreunden der „Partei der Humanisten – Rational. Liberal. Fortschrittlich.“ Befürworter einer Gleichberechtigung der Homöopathie im durch und durch kranken Gesundheitswesen finden zu können, so muss ich Sie wiederum enttäuschen: „Die Toleranz gegenüber unwissenschaftlichem Hokuspokus kennt anscheinend keine Grenzen“, hetzt man auf der Partei-Webseite anlässlich des 72. Homöopathischen Weltärztekongresses 2017 in Leipzig mit 160 Referenten und Teilnehmern aus 55 Nationen. Man kennt sich nicht aus, weiß aber alles besser als die Deppen um einen rum.

Übrigens: Auch die nicht organisierte systemkritische politische Linke hält es in Sachen Medizin gerne mit den politisch Herrschenden und den Pharma-Konzernbossen. Die Zeitschrift „konkret“ etwa (Selbsteinschätzung: „die einzige linke Publikumszeitschrift der Bundesrepublik“) veröffentlichte im Juni 2017 einen Artikel mit dem einfallsreichen Titel „Die Homöo-Paten. Quacksalberei als staatlich gefördertes Geschäftsmodell“.
Die hochkriminellen „Paten“ unserer Gesellschaft finden sich also in der Homöopathie. Für die Autorin Mira Landwehr steht außerdem fest, dass nach Begründung der Homöopathie durch den Arzt und Chemiker Dr. Samuel Hahnemann „insbesondere Pfarrer und Theologiestudenten für die Verbreitung der Irrlehre gesorgt“ hätten. Da haben wir es: Skrupellose Globuli-Magnaten und der Klerus sind die Protagonisten der unaufhaltsamen Durchseuchung Deutschlands mit homöopathischem Gedankengut. Fehlen nur noch die Juden – und neuerdings die Flüchtlinge.

Ich übrigens herrsche oder bestimme über niemanden und will das auch nicht, bin also kein „Pate“. Ich habe niemals Theologie studiert, bin noch nicht einmal mit einem Pfarrer verwandt, und hatte lange Jahre sogar „konkret“ abonniert. Bis mir das Blatt zu unkritisch wurde – zum Beispiel der einzig an Profit- und Machtmaximierung interessierten Medizinindustrie gegenüber.

Ich bin Homöopath. Und ich weiß: Wo ich am 14. Oktober bei der Wahl zum bayerischen Landtag und den Bezirkstagen (und bei weiteren Gelegenheiten) Kreuzchen setzen werde, entscheidet sich kein bisschen an den „gesundheits“politischen Positionen der Parteien. Sondern daran, ob ich darauf hoffen kann, mit meiner Wahl der grassierenden Feindseligkeit, Arroganz und Dummheit etwas entgegen setzen zu können.

Sicher bin ich mir da allerdings nicht.

* Datenbasis für das Folgende sind Erhebungen im Vorfeld der Bundestagswahlen 2013 und 2017 (Quellen: www.wen-waehlen.dewww.homoeopathie-online.info)

** Der große Satiriker und Moralist Karl Kraus begann sein 1933 verfasstes Essay „Dritte Walpurgisnacht“, „eine lange, verzweifelte, wütende und pointierte Polemik gegen die Dummheit und die Verführbarkeit der Massen“ (www.deutschlandfunkkultur.de), mit dem Satz: „Mir fällt zu Hitler nichts ein.“


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