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Hahnemanns Organon – eine Odyssee durch die Metropole

Hahnemanns Organon – eine Odyssee durch die Metropole

Auf Einkaufstour in Nürnberg. Nicht wegen Lebkuchen, Rostbratwürstchen oder Weihnachtsgeschenken – wegen Homöopathie natürlich!
Samuel Hahnemanns Organon der Heilkunst sollte es sein (Kommentare wie: „Wird ja auch Zeit, dass er das mal liest!“, gehen übrigens an der Sache vorbei 😀 ). Die textkritische Ausgabe der 6. Auflage des Organon, herausgegeben von Josef M. Schmidt, will ich haben.
Heimgekommen bin ich mit leeren Händen. Aber wenigstens mit einem Prickeln im Bauch.

Für Nicht-Fachleute: Das Organon ist kein rares antikes Buch, sondern das Grundlagenwerk der Homöopathie in einer zeitgenössischen Ausgabe, erschienen im Fachverlag Haug, der zur großen Thieme-Verlagsgruppe gehört.

Für Nicht-Nürnberg-Kundige: Die zweitgrößte Stadt Bayerns ist Zentrum der „Metropolregion Nürnberg“ mit 3,5 Millionen Einwohnern, davon leben in der Stadt selbst mehr als eine halbe Million Menschen. Und es gibt etliche Buchhandlungen. Die größte erstreckt sich über immerhin 4 Stockwerke: das Thalia-Buchhaus, vormals Campe, in der Karolinenstraße. 

Doch führt mich der erste Weg zum Hallplatz. Dort gehe ich in die Uni-Buchhandlung Zeiser & Büttner, die nach eigener Aussage „seit über 160 Jahren kompetente Beratung zu den Schwerpunkten Recht, Steuern, Wirtschaft, Medizin“ und anderen Fachbereichen bietet.

Im Medizinregal entdecke ich die Rubrik „Homöopathie“, vertreten durch ganze zwei Bücher. Keine Arzneimittellehre – noch nicht einmal der sonst allgegenwärtige Boericke -, kein Repertorium (Scherz am Rande für Insider: Hat sich Uwe Plates Symptomenlexikon etwa doch schon so durchgesetzt, dass keiner mehr den Kent kauft? 😀 ), vor allem aber kein einziges Werk des Homöopathie-Begründers Dr. Samuel Hahnemann. Kein Organon, von den mehrbändigen Chronischen Krankheiten oder der Reinen Arzneimittellehre gar nicht zu reden.

Für Nicht-Homöopathen: Das ist etwa so, als ob ein Bäcker statt Broten nur zwei Päckchen Semmelbrösel anböte.

Auf meine Frage, ob die Homöopathie-Abteilung der Fach-Buchhandlung tatsächlich aus den beiden vorgefundenen Bändchen bestehe, erfahre ich: Man sei gerade in Inventur, da halte man nicht so viel Ware vor.
Schulmedizinische Mainstream-Titel gab es reihenweise – dies nur am Rande bemerkt.
In ein paar Wochen werde ich mal wieder reinschauen und die gewiss überwältigende Auswahl an Homöopathie-Fachbüchern studieren …

Weiter also zu Thalia, dem 3600 Quadratmeter großen Platzhirsch in der Karolinenstraße. Im dritten Obergeschoss gibt es die Literatur fürs Medizinfach. Die Rubrik „Homöopathie“ dort bot lange Zeit wenigstens Standards wie Boerickes Handbuch der homöopathischen Arzneimittellehre.

Hoffnungsvoll schweift mein Blick durchs Regal, und ich entdecke: nichts. Gar nichts. Das „Homöopathie“-Schildchen ist konsequenterweise auch verschwunden.

Die junge Frau am benachbarten Info-Tisch zögert auf meine Frage nach dem Standort homöopathischer Fachliteratur: „Da drüben haben wir die Naturheilkunde.“ Ja, das habe ich gesehen: Viele Bücher für die Vorbereitung auf die Heilpraktiker-Prüfung, ein bisschen Pflanzenheilkunde und anderes aus dem Bauchladen der Komplementärmedizin.
Homöopathie-Titel sind mir dort nicht aufgefallen.
Sie gehören dort übrigens auch nicht hin, denn die Homöopathie ist nicht irgendeine naturheilkundliche, sondern eine eigenständige Disziplin. Genaueres hierzu würde jetzt zu weit führen, vielleicht ein anderes Mal.

Die Thalia-Angestellte jedenfalls führt mich nach der Frage „Homöopathie-Fachbücher – Sie sind … – also … – sozusagen Homöopath?“ zum genannten Regal – und wird tatsächlich fündig: „Da!“, verweist sie mich auf ein Homöopathie-Buch (ich meine, es war wie bei meiner vorigen Station der „Leitfaden Homöopathie“ oder irgendein anderes der Bücher mit einem umgekippten Globuli-Fläschchen auf dem Titel). „Und da: noch eines!“

Wieder zwei relativ belanglose Titel, voneinander getrennt gestellt und gut versteckt zwischen etlichen Büchern zur Akupunktur und Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) im gleichnamig ausgewiesenen Regalabschnitt.

Nein, das sei nicht gerade das, was ich suchte, sage ich. Im übrigen stünden die beiden Bände doch recht unglücklich in der Fernost-Ecke. Das wolle sie gerne der zuständigen Kollegin ausrichten, versicherte sie. Die sei seit Montag krank.

Dass man mir bei Korn & Berg, der dritten, sympathischsten Station meiner Altstadt-Runde, nicht würde helfen können, war mir ziemlich klar. Der  Buchhändlerin dort auch: „Was wir überhaupt zur Homöopathie hier haben, ist ziemlich trivial.“ Da kennt sich wenigstens jemand aus.
„Medizin ist so gar nicht unser Schwerpunkt, das ist doch eher Erlangen“ – Sitz der medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg. Erlangen ist eine Nachbarstadt, aber von der Metropolregion-Metropole Nürnberg aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine halbe Weltreise entfernt, die auch entsprechend kostet.
Und ich lege meine Hand nicht dafür ins Feuer, dass in der Stadt der High-Tech-Medizintechnik ein Homöopathie-Klassiker aufzutreiben wäre. Ist dort doch die Medizin nach Siemens führend und nicht die nach Hahnemann.

Ob ich es denn schon mal bei Zeiser & Büttner am Hallplatz versucht hätte, fragt die Buchhändlerin hoffnungsfroh. Ja, aber die machen gerade Inventur und haben deswegen die Homöopathie aus dem Regal genommen – oder so.
Damit sind wir wieder am Beginn meiner Odyssee auf der Suche nach dem originalen Hahnemann.

Was bleibt?
Die Erkenntnis, dass es sich – jedenfalls in Nürnberg – nicht lohnt, sich zwecks Kauf eines Homöopathie-Fachbuchs vom Sofa zu erheben.
Und das erfrischende Prickeln des „Fasolino“ genannten Frizzante Rosato in der vierten und letzten Station meiner Altstadt-Rundreise, dem Vini e Panini da Giorgio nahe des Nürnberger Hauptmarktes. Dort ist es oft voll, laut und im Winter stickig, bis der Chef mal wieder die Türe aufstellt und einige Kubikmeter Eisluft reinlässt.

Hahnemann gibt es freilich auch dort nicht. Aber ein Glas guten Weines.
Gute Homöopathie-Bücher gibt es im Internet.


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