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für Patienten und Homöopathen.

Gut leben, gesund alt werden: So geht’s!

Gut leben, gesund alt werden: So geht’s!

„Artgerechte Haltung“ fordern wir meist nur, wenn es um Tiere geht. Und was ist mit den Menschen?

Druck, Erwartungen, Hoffnungen, Ängste, Spannungen, Leistungsanforderung, Funktionieren müssen ohne naturgegebene Rhythmen und Zyklen zu respektieren, Fehlernährung, Sinnes-, Geistes- und emotionale Reize zuhauf in jedem Augenblick – das und noch viel mehr beeinträchtigt die Gesundheit. Und es limitiert oft auch die Wirkung homöopathischer Arzneien und damit die Genesung.

Was Samuel Hahnemann 1799, also vor 220 Jahren, einem treuen Patienten – Schneidermeister in Gotha – schrieb, trifft heute noch Wort für Wort zu, wenn es um die Frage geht, wie man „gesund“ lebe. Wenn Sie als Patientin oder Patient in homöopathischer Behandlung sich fragen, was Sie zum Gelingen der Besserung und Heilung beitragen können, beherzigen Sie vor allem dies:

Der Mensch ist auf dieser Welt nicht dazu bestimmt, sich zu überarbeiten, seine Kräfte und den Gang seiner Tätigkeit zu übertreiben, thut er es entweder aus Ehrliebe oder Gewinnsucht oder aus anderen löblichen oder unlöblichen Absichten, so widerstrebt er der Ordnung der Natur und sein Körper leidet Abnahme, Zerstörung. Geschweige denn in schon vorher geschwächter Körper; was Sie nicht fertig machen können in einer Woche, das kann in zwei Wochen fertig werden; wer nicht warten will, kann ohne Unbilligkeit nicht verlangen, das Sie elend dadurch werden und sich an den Rand des Grabes seinetwegen hinarbeiten und Ihre Frau und Ihre Kinder verwaisen sollen.

Wenn Sie sich nicht eine Portion kalter Gleichgültigkeit anschaffen – einen Grundsatz: Zuerst lebst Du für Dich, und nächstdem erst für andere, so kann aus Ihrer Besserung nicht viel werden. Wenn Sie [der Schneidermeister] begraben sind, werden die Menschen auch bekleidet werden, wo nicht so geschmackvoll, so doch erträglich. …

Zu genießen, durch Geist und Körper in Ruhe zu genießen, dazu ist der
Mensch auf dieser Erde – und dabei nur soviel zu arbeiten (sich nicht zu
schinden), daß jene Genüsse herbeigeschafft werden können. …

Der Sorgenfreiere erwacht am Morgen ohne Ängstlichkeit für die unend-
lichen Geschäfte des Tages. Was kümmert’s ihn, das Glück des Lebens geht ihm vor, vor allem anderen. Erquickt geht er an die mässige Arbeit und bei Tische verhindert ihn nichts (nicht Blutwallung oder Sorge oder tiefe Überlegung), das recht zu schmecken, was der gütige Erhalter des Lebens ihm darreicht. So tritt mit ruhigem Gange ein Tag zu dem anderen, bis der letzte Tag des hohen Alters seiner wohlgenutzten Lebenszeit ein Ziel setzt und er ruhig entschlafen kann in jene Welt, so wie er hier ruhig lebte.“1

Doch woran litt der von seinem Arzt so fürsorglich und eindringlich beratene Schneidermeister denn? Im Alter von 34 Jahren begann er die homöopathische Behandlung bei Hahnemann wegen „allgemeiner Schwäche mit nervöser Überreizbarkeit, die sich unter anderem auch in schweren Schlafstörungen äußerte. Dazu kamen immer wiederkehrende Bronchialreizungen und verschiedene rheumatische Beschwerden.“2
Und da meinen viele, den „Burnout“ und seine Vorstufen seien eine Plage erst des 20. und 21. Jahrhunderts …

Ganz praktisch empfahl Hahnemann seinem konstitutionell sehr geschwächten, nervösen, von Entzündungen und Schmerzen geplagten Patienten übrigens „tägliche Spaziergänge von etwa einer Stunde Dauer, spärliche Abendmahlzeiten mit zeitweisem Verzicht auf Fleisch sowie ebenfalls täglich durchzuführende kalte Waschungen und Abreibungen. Im sexuellen Bereich soll der Patient so mäßig wie möglich sein, nur bei stetem und anhaltendem Verlangen soll er es zum Beischlaf kommen lassen. Seinen Kaffeekonsum soll er schrittweise reduzieren und schließlich ganz lassen.3

Nicht, dass Hahnemann ein fauler Mensch gewesen wäre! Genauso wenig predigte er Mäßigkeit und lebte selbst in Exzessen. Sein enormes tägliches Arbeitspensum (Praxis, Forschung, Schriftstellerei) von meist sechs Uhr früh bis Mitternacht unterbrach er, wie Zeitzeugen berichten, regelmäßig (!) mit Mahlzeiten, Spaziergängen, Mittagsschlaf (eine Stunde!) und im Kreise seiner Familie. Er genoss (!) täglich sein Weißbier (Gose) und das Rauchen der Pfeife. 

Samuel Hahnemann (geboren 1755) erreichte übrigens das zu seiner Zeit sehr beachtliche Alter von 88 Jahren.
Sein Patient, der schon jung so schwer erkrankte Schneidermeister, wurde mit Hahnemanns jahrelanger Behandlung sogar 92 Jahre alt. Vielleicht auch, weil er die Empfehlungen seines Homöopathen beherzigt und umgesetzt hat.

Da mache ich doch gleich mal eine Pause. 😀


1 Schuchardt, Bernhard: Briefe Hahnemanns an einen Patienten; Tübingen 1886; zitiert nach: Seiler, Hanspeter: Die Entwicklung von Samuel Hahnemanns ärztlicher Praxis anhand ausgewählter Krankengeschichten; Haug Verlag, Heidelberg 1988, S. 22

2 Seiler, Hanspeter: Die Entwicklung von Samuel Hahnemanns ärztlicher Praxis anhand ausgewählter Krankengeschichten; Haug Verlag, Heidelberg 1988, S. 21

3 ebd.


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